Craniosacrale, Viscerale und Parietale
Die drei medizinischen Fachgebiete Craniosacrale, Viscerale und Parietale bilden die Grundlagen der Osteopathie. Die Craniosacraltherapie wurde zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt und ist eine eigenständige Therapieform. Wir erklären die Unterschiede.
Die drei Säulen der Osteopathie
Die Bedeutung von craniosacral, visceral und parietal
Die Begriffe Craniosacrale, Viscerale und Parietale bezeichnen Körpersysteme, die miteinander verbunden sind und sich gegenseiteig beeinflussen. Alle drei Systeme zusammen sind für das Gesundheitspotential des Menschen von zentraler Bedeutung.
Das ganzheitliche Behandlungskonzept der Osteopathie berücksichtigt daher immer alle drei Systeme.
Häufig wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Craniosacraltherapie gelegt. Sie geht aus dem craniosacralen Aspekt hervor und wurde zu einer eigenständigen Therapieform weiterentwickelt. Als manuelle Behandlungstechnik ist sie fest im Konzept der Osteopathie verankert.
Was ist Craniosacrale Osteopathie?
Das Cranio-Sakrale-System umfasst Schädel, Kreuzbein und Rückenmarkskanal mit allen Verbindungen und Umhüllungen
Die craniosacrale Osteopathie beschreibt die Verbindung zwischen Schädel, Wirbelsäule und Becken. Dieser Bereich umfasst das Zentralnervensystem, also Gehirn und Rückenmark, und ist von Membranen umschlossen. Auch alle anderen Teile des Körpers stehen direkt oder indirekt mit dem craniosacralen System in Verbindung und werden von ihm beeinflusst.
Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: "Schädel-Kreuzbein". Dem Konzept der craniosacralen Osteopathie zufolge liegt diesem System eine Dynamik zugrunde, die sich in Bewegung ausdrückt. Der Osteopath fühlt diese Bewegung und bezieht sie in Untersuchung und Behandlung ein.
Die Bewegungen des Schädels sind tatsächlich nachgewiesen worden. Ein Erklärungsmodell dafür ist der primäre Respirationsmechansmus. Er beschreibt die Zyklische Neubildung sowie Austausch und Bewegung von Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit. Mit sanften Manipulationen an Schädelknochen, Wirbelsäule und Becken will der Osteopath körpereigene Abläufe beeinflussen, Blockaden lösen und so Gewebespannungen mindern.
Die Craniosacrale Osteopathie wurde um 1940 von Dr. Sutherland entwickelt und anschließend von Dr. Upledger verfeinert.
Die craniosacrale Osteopathie geht mit sanften Manipulationen am Schädel auf körpereigene Abläufe ein.
Die Craniosacraltherapie: eine eigenständige Therapieform
Lesen Sie hier über die Entwicklung der Craniosacraltherapie und ihre Philosophie, über die Funtkionsweise und den Ablauf der Behandlung sowie mögliche Anwendungsgebiete.
Die Craniosacrale Osteopathie wird weiter entwickelt
Der amerikanische Osteopath William Sutherland vertiefte den Aspekt der craniosacralen Osteopathie. Er war einer der ersten Schüler des Begründers der Osteopathie, Dr. Andrew Taylor Still. Zur Erinnerung, die Osteopathie wurde 1874 von dem amerikanischen Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828-1917) begründet.
William Garner Sutherland (1873-1954) setzte also die ersten Signale für eine eigenständige Craniosacraltherapie (Kraniosakraltherapie*). Seine Behauptung, zwischen fest verbundenen Knochen wie den Schädelknochen gebe es eine gewisse Beweglichkeit, sorgte im 20 Jahrhundert für einiges Aufsehen.
Die Idee der Craniosacraltherapie
Sutherland behauptete nicht nur, dass es eine Beweglichkeit zwischen den Schädelknochen (cranium) gebe, sondern darüber hinaus, dass er diese auch im Gehirn, den Hirnhäuten, dem Liquor, der Wirbelsäule und im Kreuzbein (Sacrum) wahrnehmen könne. Er spürte einen Rhythmus in diesen Bewegungen. Sie bilden gemäß Sutherland neben der Lungenatmung und dem Herzkreislaufsystem einen weiteren Körperrhythmus. Von Sutherland stammt die Bezeichnung Primäre Respiration.
Ein Modell des Schädels dient als Anschauungsobjekt
Craniosacrale Therapie für eine schwangere Patientin
John Upledger gibt der heutigen Craniosacraltherapie den letzten Schliff
Sutherlands Ideen wurden wiederum von John Upledger (1932-2012), ein Arzt der Chirurgie und Osteopathie, weiterverfolgt. Dieser untersuchte besonders das Zusammenspiel zwischen Hirn- und Rückenmarkshäuten sowie Schädel und Wirbelsäule.
Upledger kam zu der Überzeugung, dass das rhythmische Pulsieren der Gehirnflüssigkeit (Liquor) fühlbar sei und versuchte dieses mit bestimmten Techniken zu beeinflussen. Diese Beeinflussung des Liquor-Pulses sehen Craniosacraltherapeuten als ihren Hauptansatzpunkt.
Die Craniosacraltherapie, wie sie heutzutage in Deutschland zumeist praktiziert wird, geht auf die Entdeckungen von John Upledger zurück, die er mit dem Buch "Craniosacral Therapy" im Jahr 1983 veröffentlichte (die deutsche Übersetzung hat den Titel "Lehrbuch der Craniosacralen Therapie"). Die beiden zentralen Figuren der Entwicklung der Craniosacraltherapie sind Sutherland und Upledger
Das Konzept der Craniosacraltherapie
Therapeuten setzen sie ein, um die normale Strömung des Liquors (Hirnwasser) wiederherzustellen. Es wird versucht, die körpereigenen Rhythmen des Patienten zu ertasten und Störungen der Hirnwasserströmung aufzuspüren.
Laut craniosacralem Konzept sollen diese Rhythmen durch die Eigenbewegung von Gehirn und Rückenmarkshäuten zustande kommen – bedingt durch Verschiebungen und Pulsieren der Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt, also dem Liquor oder auch Nervenwasser.
Verschiedene Qualitäten dieser Rhythmen geben Auskunft über den Zustand des Organismus auf all seinen Ebenen. Spannungen, Funktionsstörungen oder strukturelle Veränderungen im Nervensystem, an Faszien, im Gewebe, an Organen, Muskeln und Knochen sollen sich durch spezielle manuelle Techniken beheben lassen.
Ziel der Craniosacraltherapie ist es, Blockaden der natürlichen Bewegungsspielräume aufzuspüren und zu beseitigen. Wie im gesamten Konzept der Osteopathie geht es auch hier darum, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren um eine tiefgreifende Heilung anzuregen.
Die Natur macht die besten Entwürfe. Alles, was die Natur entwirft, hat seinen Zweck und stellt die rationellste Art und Weise dar, eine Aufgabe zu erfüllen.
(Zitat Jon Vredevoogd, Mitautor des "Lehrbuch der Kranioasakral-Therapie" von J. E. Upledger)
Der Ablauf einer craniosacralen Therapie
Eine Sitzung beginnt gleich der klassischen Osteopathie Behandlung mit einem Vorgespräch über aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen und die Lebensumstände des Patienten. Anschließend legt sich der Patient entspannt auf den Rücken. Der Therapeut setzt sich hinter ihn ans Kopfende. Mit bestimmten Handgriffen und Techniken tastet er nun Kopf und Halswirbelsäule ab, um die körpereigenen Rhythmen, Verspannungen sowie Blockaden aufzuspüren.
Die Techniken kann man sich so vorstellen, dass der Therapeut mit Fingern und Handflächen einen sanften und wohl dosierten, sehr geringen Druck oder Zug auf die Schädelknochen ausübt. Bei einer erfolgreichen Therapie sollte der Patient merken, wie sich betroffene Körperregionen entspannen und die Beschwerden bessern.
Craniosacraltherapie wird von Patienten als sehr angenehm und entspannend empfunden
Es muss jedoch auch hier gesagt werden, dass die zugrunde liegenden Zusammenhänge noch nicht wissenschaftlich belegt sind. Eine Übersicht über Studien zu diesem Gebiet kann man zum Beispiel beim Craniosacral Verband Deutschland erhalten.
Inwiefern unterscheidet sich die Ostoepathie Behandlung nun von der Craniosacraltherapie? Während Osteopathen den ganzen Körper einschließlich aller Organe behandeln, konzentrieren sich Craniosacral-Therapeuten auf Kopf, Hals und Wirbelsäule.
Craniosacraltherapie Behandlung bei Kindern
»Kinder müssen mit großen Leuten viel Nachsicht haben« sagt »Der kleine Prinz« aus dem gleichnamitgen Buch von Antoine de Saint-Exupéry.
Sowohl die Osteopathie als auch die Craniosacraltherapie eignen sich sehr gut für Kinder und Neugeborene. Die Behandlung ist meist sanft und schmerzfrei und kommt ohne Medikamente aus. Oft sind die Berührungen so sanft, dass der kleine Patient sie gar nicht bemerkt, Babys schlafen während der Behandlung auch gerne ein.
Zitat eines Patienten
Craniosacraltherapie fühlt sich für mich an wie auf weichen Wolken gebettet liegen. Die Wirkung kann sich sehen lassen: meine Beschwerden verschwinden
Henning S.
Wann wird Craniosacraltherapie eingesetzt?
Und an wen richtet sich die Craniosacraltherapie?
Sie kann vom Neugeborenen bis hin zum alten Menschen, sogar in sehr gebrechlichem oder schmerzvollem Zustand, angewendet werden.
Bei sogenannten funktionellen Störungen, bei denen Muskeln, Organe und anderes Gewebe nicht geschädigt sind, sondern deren Funktion eingeschränkt ist, greifen Osteopathen gerne auf craniosacrale Techniken zurück.
Anwendungsgebiete bei Kindern sind unter anderem
- Hyperaktivität
- Nervöse Tics
- Spastische Bronchitis
- Schlafstörungen
- Haltungsschäden
Anwendungsgebiete bei Erwachsenen sind unter anderem
Bei Erwachsenen kommt die craniosacraletherapie häufig bei Verletzungen im Bereich des Kopfs oder der Wirbelsäule infolge von Unfällen zum Einsatz.
- Allergien
- Kopfschmerzen
- Krampfleiden
- Migräne
- Ohrgeräusche (Tinnitus)
- Gelenkbeschwerden
Wichtiger Hinweis: Auch hier muss gesagt werden, dass es bisher noch nicht genügend aussagekräftige Studien über den Erfolg der Craniosacraltherapie als Therapieform gibt. In den Beschreibungen dieser Seiten werden keinerlei Heilungsversprechen oder gar eine Garantie der Heilung gemacht. Die Beschreibung von Anwendungsgebieten sind beispielhaft und beruhen auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung.
Berufliche Anerkennung von Craniosacraltherapie
Craniosacraltherapeut/in ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Nach deutschem Recht dürfen nur Angehörige von Berufsgruppen, die zur Heilkunde zugelassen sind (Ärzte, Heilpraktiker), da der Begriff die Heilung von Krankheiten impliziert.
Über die Osteopathie Behandlung
Das Spektrum einer osteopathischen Behandlung besteht in der Regel aus spezifischen Techniken aus den drei Teilbereichen, während sich die Craniosacraltherapie auf die craniosacralen Techniken bschränkt.
Erfahren Sie mehr über die Osteopathie Behandlung.
Was ist Parietale Osteopathie?
Das parietale System Halte- und Stützapparat des Körpers mit Muskeln, Skelett sowie den dazugehörigen Band- und Faszienverbindungen
Die parietale Osteopathie beschäftigt sich mit der Untersuchung und Behandlung des Bewegungsapparates. Hierzu gehören Knochen, Bänder, Gelenke, Muskeln und Faszien. Das sind Strukturen, die embryonal aus der dritten Keimscheibe, dem Mesoderm, hervorgegangen sind. Diese können entweder direkt durch eine Verletzung geschädigt werden oder durch den weiterlaufenden Einfluss von anderen Strukturen.
Diese so genannten Dysfunktionen sorgen für vermehrte Spannung – nicht nur am Ort des Geschehens – sondern auch weiterlaufend. Andrew Taylor Still fand heraus, dass diese Spannungen auch Probleme mit der arteriellen Versorgung aller zugehörigen Gebiete verursachen können.
Die Osteopathie behandelt diese Dysfunktionen und sorgt dafür, dass durch ein Gleichgewicht innerhalb der Gelenke und der Muskulatur der gesamte Bewegungsapparat wieder gut funktionieren kann. Insgesamt geht es immer darum, dass alle drei Systeme miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig beeinflussen können. Sie werden immer als Einheit gesehen sowie der Mensch auch als Einheit gesehen wird.
Osteopathie ist eine wissenschaftliche Kenntnis von Anatomie und Physiologie in den Händen einer Person mit Intelligenz und Fähigkeiten, die dieses Wissen zum Nutzen von Menschen einsetzt, die krank oder verwundet sind, durch Spannungen, Schocks, Stürze oder mechanischen Dysfunktionen oder durch Verletzungen des Körpers jeglicher Art.
(Andrew Taylor Still, Philosophy and mechanical Principles of Osteopathy)
Was ist Viszerale Osteopathie?
Das viszerale System umfasst Organe des Brustkorbs, Bauchraums und Beckens mit den dazugehörigen Strukturen. Die viscerale Osteopathie ist der Teil der Osteopathie, der sich speziell der Behandlung innerer Organe, der Viscera, widmet. Das sind die Blutgefäße, Lymphbahnen und die dazugehörigen Bindegewebe, die Faszien.
Die inneren Organe bewegen sich unwillkürlich mit jedem Atemzug und bei jeder Rumpfbewegung. Das können Sie ganz einfach selber erspüren wenn Sie tief einatmen und sich auf Ihren Bauchraum konzentrieren. Funktionsstörungen, die diese natürliche Bewegung beeinträchtigen, können durch Operationsnarben, altersbedingte Organsenkung oder Entzündungen entstehen aber auch durch schlechte Ernährung. Viscerale Osteopathie beschäftigt sich mit genau diesen Problemen.
Solche Störungen zeigen sich in Bewegungseinschränkungen, die der Osteopath erkennen und behandeln kann. Durch „Palpieren“, das ist der Fachbegriff für sanftes Ertasten und Fühlen und ist eine der wichtigsten Fähigkeiten des Osteopathen, sollen solche Bewegungseinschränkungen erkannt werden. Die Förderung der Eigenbewegung der einzelnen Organe soll die Vitalität eines Organs verbessern. Darauf zielt die viszerale Osteopathie ab.
Der Therapeut muss also viel über die Funktionen und den Sitz der inneren Organe wissen. Wenn es gelingen sollte, die Selbstheilungskräfte über die viszerale Arbeit zu aktivieren, könnte dies zu einer besseren Funktionsfähigkeit der Organe und zu einer Abnahme der Symptome führen. Das Wiederherstellen der inneren Balance zwischen den Organen aber auch zum muskuloskelettalen System durch viszerale Osteopathie soll die Organfunktionen verbessern. Es kann sich aber auch auf Fehlhaltungen oder Verspannungen des äußeren Muskelapparats positiv auswirken.
Die Eigenbewegung der inneren Organe
Die inneren Organe hängen nicht frei in der Bauchhöhle, sondern gehen über Anheftungs- und Berührungspunkte Verbindungen mit anderen Organen oder dem Skelettsystem ein. So befinden sich zum Beispiel die Aufhängepunkte des Darmes an der Lendenwirbelsäule und die Aufhängung der Gebärmutter an Kreuzbein und Beckenschaufel.
Jedes Organ sollte gegenüber anderen Organen und Strukturen frei beweglich sein (Mobilität), ebenso sollte die feine Eigenbewegung der Organe (Motilität) uneingeschränkt vorhanden sein. Entwickelt wurde die viscerale Osteopathie von J. P. Barral und Dr. Weisschenk. Sie wird insbesondere in den französischsprachigen Ländern praktiziert und ist in Deutschland noch relativ unbekannt.
Anwendung von viszeralen Techniken
*Namensgebung und Schreibweisen
Upledger prägte nebst Wissen und Techniken der craniosakralen Therapie auch den Begriff. "craniosacral" ergibt sich aus dem Anwendungsbereich von Schädel (lateinisch: Cranium) bis Steißbein (Os sacrum).
Leider gibt es viele unterschiedlichen Schreibweisen, mit "c" oder "k", also auch kraniosakral, bzw. Kraniosakraltherapie und sogar gemischt: Craniosakral, Cranio-Sacral oder Craniosacral.
Ähnlich ist es bei Viscerale, oder Viszerale., beide Schreibweisen sind korrekt und werden nebeneinander praktiziert.
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